Mehr Ausgabenkontrolle für ambulante ärztliche Versorgung
Ausgaben für die ambulante ärztliche Versorgung werden immer seltener begrenzt. Dies birgt das Risiko unkontrollierbarer Ausgabensteigerungen und Fehlanreize. Ambulante ärztliche Leistungen sollen deshalb wieder stärker budgetiert werden, so unsere Empfehlung in einem aktuellen Beratungsbericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.
Die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden in Deutschland von rund 185 000 Ärztinnen und Ärzten behandelt. Für diese vertragsärztlichen Leistungen erhielten sie im Jahr 2022 mehr als 46 Mrd. Euro – rund 17 % der Gesamtausgaben der GKV. Ein großer Teil der abrechenbaren Behandlungsleistungen unterliegt so genannten Honorarbegrenzungen und ist damit budgetiert. Daneben gibt es aber auch Behandlungsleistungen, die unbegrenzt abgerechnet werden können. Diese extrabudgetären Vergütungen hat der Bundesrechnungshof – nicht zuletzt auch mit Blick auf den jährlichen Bundeszuschuss an die GKV von 14,5 Mrd. Euro – geprüft.
Extrabudgetäre Vergütung steigt kontinuierlich
Vertragsärztliche Leistungen sind zunehmend nicht mehr budgetiert. Der Anteil dieser extrabudgetären Vergütung hat sich von 2009 bis 2022 deutlich erhöht: von 22 % auf fast 43 %.
Aus Sicht des Bundesrechnungshofes erhöht sich durch die extrabudgetäre Vergütung das Risiko, dass unwirtschaftliche, insbesondere medizinisch nicht notwendige Leistungen erbracht werden. Zudem fehlen bundeseinheitliche Regelungen und Kriterien, welche Leistungen extrabudgetär vergütet werden.
Um die Transparenz bei der Vereinbarung unbegrenzt vergüteter Leistungen zu erhöhen und eine weitere Ausweitung dieser Leistungen zu verhindern, hält es der Bundesrechnungshof für erforderlich, dafür bundesweit verbindliche Kriterien festzulegen.
Viele dieser Leistungen bestehen zudem seit langer Zeit, teilweise seit mehr als zehn Jahren, ohne dass die Notwendigkeit ihrer extrabudgetären Vergütung überprüft worden wäre. Diese extrabudgetäre Vergütung sollte daher umfassend hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und ihrer Auswirkungen auf die Versorgungsqualität evaluiert werden.
Leistungen sollten grundsätzlich nur dann extrabudgetär vergütet werden, wenn dies nachweislich die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung deutlich verbessert.
Neue Vergütungsregelungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Jahr 2019 wurden weitere Fallgruppen geschaffen, in denen vertragsärztliche Leistungen unbegrenzt vergütet werden. Ziel des Gesetzes war es unter anderem, die Wartezeiten für gesetzlich Versicherte auf einen Behandlungstermin zu verkürzen. Um diese TSVG-Fallgruppen zu vergüten, wandte die GKV bis zum Jahresende 2022 rund 12 Mrd. Euro auf.
Der Bundesrechnungshof hat keine belastbaren Belege dafür gefunden, dass die extrabudgetäre Vergütung durch das TSVG ihr Ziel erreicht und die Versorgung durch kürzere Wartezeiten auf Termine verbessert.
Zunehmende Abschaffung von Ausgabenobergrenzen löst Versorgungsprobleme nicht
Der Bundesminister für Gesundheit hat eine Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen ins Spiel gebracht. Unter anderem soll so die Versorgung in ländlichen Regionen verbessert werden. Der Bundesrechnungshof zweifelt daran, dass damit insgesamt die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung von Versicherten maßgeblich verbessert wird.
Ausgaben für die ambulante Versorgung sollen ärztliche Leistungen auskömmlich vergüten, sie sollen aber möglichst nicht unkontrolliert ansteigen lassen. Unbegrenzte Vergütungen sollten deshalb die Ausnahme bleiben.
Mehr zu unseren Feststellungen und Empfehlungen lesen Sie in unserem Beratungsbericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages: