Abrechnung von Corona-Testungen bleibt unzureichend geprüft
Die Corona-Pandemie hielt Deutschland und die Welt 2020 bis Anfang 2023 fest im Griff. Der Deutsche Bundestag stellte daher im März 2020 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest. Folgend übernahm der Bund ab März 2021 die Kosten für die sogenannten Bürgertests und auch für die PCR-Tests. Trotz der hohen Kosten von mehreren Milliarden Euro ließ sich das BMG erst auf Empfehlung des Bundesrechnungshofes im Jahr 2022 Berichte über die Prüftätigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen vorlegen. In einer Kontrollprüfung haben wir festgestellt: Die Abrechnungsprüfung bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.
Von März 2021 bis Juni 2022 hatten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich auf COVID-19 mittels eines Antigen-Tests testen zu lassen (Bürgertestungen). Der Anspruch bestand auch für asymptomatische Personen – also solche ohne erkennbare Anzeichen einer Corona-Erkrankung. Im Juni 2022 beschränkte der Bund den Kreis der Anspruchsberechtigten, im März 2023 stellte er die Finanzierung von Testungen ganz ein. Seit Juli 2021 rechneten die Teststellen 756 Millionen Tests ab. Allein für Bürgertestungen gab der Bund seit Juli 2021 8,5 Milliarden Euro aus – teilweise mehr als eine Milliarde Euro pro Monat.
Bis Mitte Dezember 2022 meldeten Labore insgesamt 148,9 Millionen durchgeführte PCR-Tests. Für diese PCR-Tests erstattete der Bund weitere 3,2 Milliarden Euro.
Bis Juni 2023 erhielten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) knapp 406 Millionen Euro für die Abrechnung und Prüfung der Testungen.
Der Bund zahlte so während der Corona-Pandemie auf Basis seiner Testverordnung insgesamt 17,8 Milliarden Euro.
Neue Testverordnung bringt in der Praxis wenig Verbesserungen
Die KVen waren bis Juni 2022 allein für die Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung der Corona-Testungen zuständig. Sie waren verpflichtet, alle Testleistungen – etwa Bürgertests und PCR-Tests – auf ihre Plausibilität zu prüfen. Bei Auffälligkeiten mussten die KVen vertiefte Prüfungen durchführen. Unter Hinweis auf zahlreiche strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Betrugs forderte der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im März 2022, die Abrechnungsprüfung zu stärken. Die Länder sollten an den Kosten der Testungen beteiligt werden.
Das BMG modifizierte daraufhin seine Testverordnung, indem es die Prüfungen auf drei Akteure verteilte:
- In der ersten Stufe prüfen die KVen die Abrechnungen auf die rechnerische Richtigkeit der erforderlichen Angaben in den Abrechnungsunterlagen sowie die Einhaltung der erforderlichen Form und Vollständigkeit der Abrechnungsunterlagen.
- In der zweiten Stufe analysiert das Robert-Koch-Institut Daten auf statistische Auffälligkeiten.
- In der dritten Stufe werden diese Analysen an Prüfstellen der Länder übermittelt. Diese führen anschließend die vertieften Prüfungen durch.
Der Bundesrechnungshof erkennt in dem dreistufigen Prüfungsablauf allerdings keine Verbesserungen zum vorherigen Vorgehen. Denn: Die Verantwortung für eine wirksame Abrechnungsprüfung ist auf verschiedene Akteure verteilt, deren Zusammenwirken verbesserungsfähig ist. Die Überprüfung wird stark gestreckt und so zeitlich verzögert. Eine wirkungsvolle Betrugsbekämpfung wird damit nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes erschwert.
Datenmeldewege nicht verbindlich, Berichte nicht aussagekräftig und Aufbewahrungsfrist zu kurz
Das BMG hat neue Berichtspflichten eingeführt. Allerdings kann das BMG in der Praxis aus den unterschiedlich gestalteten Berichten der KVen kaum Rückschlüsse auf den tatsächlichen Erfolg der Prüfungen schließen. Die Berichte waren bis Ende 2023 teilweise unvollständig und bezogen sich zudem auf unterschiedliche Berichtszeiträume. Eine Vergleichbarkeit war so nicht gegeben.
Auch die Datenweitergabe zwischen den drei Akteuren war unzureichend. Die überwiegende Zahl der Länder begann daher ihre vertieften Prüfungen erst im Frühjahr 2023.
Besonders kritisch sieht der Bundesrechnungshof auch die Aufbewahrungsfristen für die Unterlagen. Teststellenbetreiber müssen die Nachweise für die korrekte Durchführung und Abrechnung der Testungen nur bis Ende 2024 aufbewahren. Diese kurze Aufbewahrungsfrist gefährdet die Aufdeckung und Verfolgung strafrechtlich relevanter Sachverhalte.
Pauschalvergütung und Verwaltungskosten ohne Kalkulationsbasis, Länder nicht beteiligt
Die Bürgertests wurden den Teststellen pauschal vergütet. Das BMG passte die Vergütungspauschalen mehrmals an. Wie das BMG die Höhe der Vergütungspauschalen ermittelt hatte, konnte es nicht darlegen. Insbesondere konnte es die teils unterschiedlichen Vergütungspauschalen nicht auf eine überzeugende Kalkulation stützen.
Auch die von Laboren durchgeführten PCR-Tests wurden vom Bund pauschal bezahlt. Die Bezahlung lag dabei über Monate deutlich über den von den Krankenkassen im ambulanten Bereich bezahlten Pauschalen. Das BMG versäumte, die Pauschalen ebenfalls auf dieses Niveau zu senken.
Den von den KVen einbehaltenen Verwaltungskostensatz für die Abrechnung und Prüfung der Testungen passte das BMG gleichsam mehrmals an. Grundlage dafür war aber nicht der nachgewiesene Aufwand der KVen, sondern ein Prozentsatz, den das BMG nach einem Austausch mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als sachgerecht festlegte.
Bei allen Erstattungen hat der Bund zudem unterlassen, die Länder angemessen an den Kosten der Bürgertestungen zu beteiligen. Zwar versuchte er, mit der Änderung der Testverordnung die Länder zur freiwilligen Übernahme einer Eigenbeteiligung zu bewegen. Dieser Aufforderung sind die Länder allerdings nicht gefolgt.
Mehr zu unseren Feststellungen und Empfehlungen finden Sie in unserem Beratungsbericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages: