Bundeswehr, Straßenbau, Hochbau, Gesundheit, Steuern
Ausgabejahr
2019
Datum
29.04.2019
Pressemitteilung zum Ergänzungsband der Bemerkungen 2018
Der Bundesrechnungshof veröffentlicht weitere Prüfungsergebnisse, die seine Bemerkungen 2018 ergänzen. „Mit den heute veröffentlichten Prüfungsergebnissen aktualisieren wir die Grundlage für das laufende parlamentarische Entlastungsverfahren. Dadurch können wir unsere Feststellungen und Empfehlungen kurzfristig einbringen und so dazu beitragen, dass Fehlentwicklungen und unwirtschaftliches Verhalten in der Bundesverwaltung schneller korrigiert werden“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Veröffentlichung des Ergänzungsbandes. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages berät diese Prüfungsergebnisse bis zur parlamentarischen Sommerpause.
Die aktuelle Ergänzung (Bemerkungen 2018 – Weitere Prüfungsergebnisse) umfasst die folgenden Beiträge, in denen die Bundesverwaltung den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes nicht gefolgt ist.
Gesundheit
Unzulässige pauschale Rechnungskürzungen in Millionenhöhe umgehen Abrechnungsprüfungen (Nr. 5)
Verschiedene Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung hatten über Jahre individuelle Vereinbarungen mit Krankenhäusern über pauschale Rechnungskürzungen in Millionenhöhe geschlossen und im Gegenzug auf Abrechnungsprüfungen verzichtet. So kamen sie ihrer Pflicht zur Prüfung der Krankenhausabrechnungen nicht nach. Damit unterblieben auch die für bestimmte Fälle gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Die Vereinbarungen ermöglichen es Krankenhäusern, sich von Prüfungen durch die Krankenkassen „freizukaufen“. Die Krankenhäuser könnten Abzüge im Vorfeld einkalkuliert und überhöhte Rechnungen ausgestellt haben.
Angesichts der langjährigen Vereinbarungspraxis und der zähen Widerstände, diese zu unterbinden, hält der Bundesrechnungshof die bisherigen Maßnahmen des Bundesversicherungsamtes für nicht ausreichend. Er empfiehlt dem Bundesgesundheitsministerium, eine gesetzliche Regelung in die zu Wege leiten, die die in Rede stehenden Vereinbarungen gesetzlich verbietet.
Fregatten ohne ausreichende Besatzungen (Nr. 2)
Die Bundeswehr wird für ihre vier neuen und 3 Mrd. Euro teuren Fregatten (Klasse 125) nicht ausreichend Besatzungen ausgebildet haben, um sie – wie im Einsatzkonzept geplant – einzusetzen. Danach sollten stets zwei Fregatten bis zu zwei Jahre ununterbrochen im Einsatz bleiben können, wobei sich die Besatzungen im 4-Monatsrhythmus abwechseln. Dafür wurden die Fregatten mit teureren, automatisierten und wartungsarmen Systemen ausgestattet. Die Bundeswehr hat aber versäumt, eine Einrichtung an Land aufzubauen, um die Besatzungen entsprechend auszubilden. Deshalb können die Fregatten mindestens zehn Jahre lang nicht so genutzt werden, wie es das Einsatzkonzept vorsieht.
Bundeswehr: unnötige Handfunkgeräte nicht beschaffen (Nr. 3)
Die Bundeswehr will in diesem Jahr 800 Handfunkgeräte für über 1 Mio. Euro kaufen, obwohl sie über ausreichend Geräte verfügt. Ende 2018 besaß sie fast 8.000 dieser Handfunkgeräte, benötigte für Einsätze im In- und Ausland aber nie mehr als die Hälfte davon gleichzeitig. Obwohl der Bundesrechnungshof schon vor zwei Jahren feststellte, dass mehrere tausend Geräte ungenutzt in Regalen lagen, beschaffte die Bundeswehr letztes Jahr weitere 3.200 Geräte als Reserve: Für 4,7 Mio. Euro, aber ohne Bedarf, denn defekte Geräte könnte sie aus dem Bestand ersetzen. Zudem plant die Bundeswehr sogar, von 2019 bis 2022 ein Nachfolgesystem einzuführen. Damit sind die aktuellen Geräte nicht kompatibel, sie werden nutzlos.
Auf die Beschaffung der weiteren 800 Handfunkgeräte sollte die Bundeswehr unbedingt verzichten.
Modernisierung betagter Marineflugzeuge verläuft nicht nach Plan (Nr. 4)
Die Bundeswehr verfehlt ihr Ziel, acht betagte Marineflugzeuge nach umfangreichen Modernisierungen wirtschaftlich zu nutzen. Für die Modernisierung schloss sie im Jahr 2015 Verträge über 500 Mio. Euro. Fehler bei der Planung, der Aufwand für Untersuchungen und Reparaturen, zusätzlich beauftragte Leistungen - wie ein neues Radarsystem - verlängern und verteuern das Projekt erheblich. Es wird kaum gelingen, alle Flugzeuge bis Ende 2025 zu modernisieren. Zudem wird die Modernisierung mindestens 340 Mio. Euro mehr kosten als geplant. Es ist blauäugig, an der bisherigen Planung festzuhalten. Das Bundesministerium für Verteidigung sollte das Projekt komplett neu bewerten und über den Umfang der Modernisierung entscheiden.
Die acht Flugzeuge kaufte die Bundeswehr im Jahr 2004 von der niederländischen Marine. Beim Kauf waren sie bereits 20 Jahre alt und in einem schlechten Zustand. Für Kauf, Betrieb und Instandsetzung, dieser Flugzeuge gab die Bundeswehr bis Ende 2014 schon mehr als 1 Mrd. Euro aus.
Steuern
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten zu niedrig besteuert (Nr. 7)
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genießen ungerechtfertigte steuerliche Vorteile bei gewerblichen Einnahmen. Dies führte in den letzten zehn Jahren zu Subventionen von rund 55 Mio. Euro. Die hoheitliche Sendetätigkeit der Rundfunkanstalten unterliegt keiner Besteuerung. Die Erträge ihrer wirtschaftlichen Betätigung, wie Werbung senden oder Programme verwerten, müssen sie hingegen versteuern. Dabei dürfen sie die Steuer weitgehend pauschalieren. Die Pauschalen sind seit 20 Jahren unverändert, obwohl Anpassungen notwendig gewesen wären. Teilweise fehlt den Pauschalen auch eine gesetzliche Grundlage. Der Bundesrechnungshof hat schon mehrfach auf den Handlungsbedarf hingewiesen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat jedoch bis heute keine Maßnahmen ergriffen. Es sollte die notwendigen Reformen bei der Besteuerung von Rundfunkanstalten umgehend einleiten.
Statistik der steuerlichen Betriebsprüfung vermittelt falsches Bild (Nr. 8)
Die Statistik des BMF zu den Arbeitsergebnissen der steuerlichen Betriebsprüfung enthält fehlerhafte Angaben und erzeugt auch durch andere Mängel ein falsches Bild. Sie eignet sich daher weder als Grundlage für die Planung und Steuerung der Verwaltung noch als Information für die Öffentlichkeit. Der Bundesrechnungshof stellte einen deutlichen Unterschied zwischen den statistisch ausgewiesenen und den tatsächlich erzielten Arbeitsergebnissen fest. In den untersuchten Fällen hatte die Steuerverwaltung weniger als die Hälfte der statistisch erfassten zusätzlichen Steuern auch tatsächlich eingenommen. Zudem war die Anzahl der erfassten Prüfungen um bis zu einem Drittel höher als die der durchgeführten. Die Mängel sind auf unzureichende Vorgaben des BMF für die Statistik zurückzuführen, die Finanzämter beachteten aber auch eindeutige Vorgaben nicht. Das BMF sollte seine Vorgaben und das Verfahren für die Ergebniserfassung grundlegend ändern.
Ungerechten Steuervorteil bei Kreditkartengutschriften beenden (Nr. 9)
Mit der pauschalen Besteuerung von Guthaben auf Kreditkarten stellen die Finanzämter diese Form des Lohns steuerlich besser. Solche Guthaben werden vom Arbeitgeber pauschal mit 30 % versteuert; der Arbeitnehmer erhält diesen Lohn brutto für netto. Normalen Arbeitslohn hingegen muss er selbst mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern (bis zu 45 %). Arbeitnehmer in leitenden Funktionen erhalten anstelle von Sonderzahlungen (Tantiemen, Gratifikationen) in vielen Fällen Kreditkartengutschriften. Die Guthaben können sie zwar nicht abheben, aber die Kreditkarte frei verwenden, z. B. zum Einkaufen oder für Reisen.
Die von den Finanzämtern akzeptierte pauschale Besteuerung führt zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern, die Barlohn erhalten. Bei einer Kreditkartengutschrift von 10.000 Euro kann das zu einem Vorteil von bis zu 4.500 Euro bei der Einkommensteuer führen (zuzüglich der Annexsteuern wie Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag). Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und dem Fiskus entgehen Steuereinnahmen in Höhe der Differenz zwischen der Pauschalbesteuerung (30 %) und dem persönlichen Steuersatz. Das BMF sollte zügig Maßnahmen ergreifen.
Straßenbau
Freie Fahrt ohne klare Kenntnis der Auswirkungen (Nr. 1)
Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) hat Lang-Lkw für den Straßenverkehr freigegeben, ohne ausreichend Erkenntnisse über die langfristigen Folgen für die Infrastruktur und die Verkehrssicherheit gesammelt zu haben. Probleme wie das Parken auf Rastanlagen, zu kleine Nothaltebuchten, eine erhöhte Brandlast in Tunneln, das Befahren von Baustellen oder das Überholen auf Landstraßen sind nicht ausreichend untersucht. Bei steigender Anzahl von Lang-Lkw muss das BMVI erneut die Folgen für die Beanspruchung der Infrastruktur, insbesondere der Brücken, und der Verkehrssicherheit untersuchen. Nur so kann es die Höhe der notwendigen Ausgaben für die Infrastruktur realistisch einschätzen und bei Problemen im Betrieb rechtzeitig steuernd eingreifen. Dazu ist unerlässlich, dass das BMVI die zahlenmäßige Entwicklung von Lang-Lkw auch weiterhin erfasst.
Lang-Lkw sind mit einer Länge von bis zu 25,25 Meter länger als konventionelle Lkw (maximal 18,75 Meter), unterliegen aber den gleichen Gewichtsbeschränkungen. Sie bringen zumeist mehr Gewicht auf die Straße, mit und ohne Ladung. Auf den fehlenden Überblick des BMVI über Schwertransporte auf Bundesfernstraßen hatte der Bundesrechnungshof schon in 2016 hingewiesen.
Hochbau
Schlechtes Baumanagement verursacht Kostensteigerung um fast 70 % (Nr. 6)
Das Projektmanagement bei der Sanierung eines Bonner Gebäudekomplexes war unzulänglich. Durch Fehler bei Planung und Steuerung stiegen die Kosten des Projekts von 55 auf 92 Mio. Euro und das Gebäude wurde mit drei Jahren Verspätung an die Vereinten Nationen übergeben. Vor Baubeginn waren die Bestandsanalyse unvollständig, das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren nicht abgeschlossen und der Bedarf des künftigen Nutzers nicht ausreichend geklärt. Dies führte zu 1.100 Nachtragsforderungen der Bauunternehmen und Planer während der Bauausführung. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sollte unverzüglich Konzepte entwickeln und einführen, um die Planung und Steuerung von Baumaßnahmen zu verbessern. So können Risiken von Bauvorhaben durch eine ausreichende Planung und Steuerung frühzeitig berücksichtigt und vermindert werden.