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Bahn, Nachhaltigkeit, Straßenbau, Steuern, Bundeswehr, Hochbau

Ausgabejahr 2021
Datum 13.04.2021

Pressemitteilung zum Ergänzungsband der Bemerkungen 2020

Der Bundesrechnungshof veröffentlicht neue Prüfungsergebnisse, die seine Bemerkungen 2020 ergänzen. „Mit den heute veröffentlichten Prüfungsergebnissen aktualisieren wir die Grundlage für das laufende parlamentarische Entlastungsverfahren. Dadurch können wir unsere Feststellungen und Empfehlungen kurzfristig einbringen und so dazu beitragen, dass Fehlentwicklungen und unwirtschaftliches Verhalten in der Bundesverwaltung schneller korrigiert werden“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Veröffentlichung des Ergänzungsbandes. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages berät diese Prüfungsergebnisse bis zur parlamentarischen Sommerpause.

Die aktuelle Ergänzung (Bemerkungen 2020 – Ergänzungsband) umfasst die folgenden Beiträge, in denen die Bundesverwaltung den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes nicht gefolgt ist.

Bahn

Eigentümerrechte des Bundes bei der Bahn wahrnehmen (Nr. 24)
Seit Jahren versäumt das Bundesverkehrsministerium (BMVI), die Eigentümerinteressen des Bundes bei der DB AG zu konkretisieren und ausreichend zu vertreten. Eckpfeiler für die strategische Ausrichtung der DB AG fehlen ebenso wie handhabbare, aus dem Bundesinteresse abgeleitete Ziele und eine angemessene Kontrolle. Eine Strategie für die Beteiligung des Bundes ist nicht vorhanden. Als Eigentümer ist der Bund aber für die unternehmerische Tätigkeit der DB AG verantwortlich. Er hat seine Interessen aktiv zu vertreten und muss entsprechend Einfluss auf die Geschäftstätigkeit nehmen. So sollte er Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck am Bundesinteresse ausrichten. Auf deren Grundlage führt der Vorstand die Geschäfte. Damit kann er auch etwaigen Risiken für den Bund besser vorbeugen. Diese können sich auswirken auf den Bundeshaushalt, die politische Steuerung und das Ansehen des Bundes. Mögliche Risiken hat das BMVI aber weder näher untersucht, noch festgelegt, wie ihnen zu begegnen ist. Im Ergebnis wird das BMVI den aktuellen eisenbahnpolitischen Herausforderungen und der Gemeinwohlverantwortung für die Eisenbahn in Deutschland nicht gerecht. Das BMVI ist daher dringend gefordert, die Aufgaben seiner Beteiligungsführung zu analysieren und diese besser wahrzunehmen.

Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Handeln in der Bundesverwaltung stärken (Nr. 22)
Die Bundesverwaltung lässt bei fast jeder zweiten finanzwirksamen Entscheidung Nachhaltigkeitsaspekte außer Acht. Zwar hat die Bundesregierung Nachhaltigkeit zum Leitprinzip erklärt. In der Verwaltungspraxis versäumen die Bundesministerien jedoch häufig, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekte (Nachhaltigkeitsaspekte) einer Maßnahme angemessen zu berücksichtigen. So nehmen sie z. B. Nachhaltigkeit bei der Zielsetzung von Maßnahmen nicht auf oder kontrollieren deren Erfolg nicht ausreichend. Oft ist bereits ihr Vorgehen methodisch nicht geeignet, Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Teilweise werden Nachhaltigkeitsaspekte sogar bewusst außen vor gelassen. Das erschwert Deutschland, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Und die Bundesverwaltung wird so ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht. Das federführend zuständige Bundeskanzleramt muss stärker darauf achten, dass die Ministerien Nachhaltigkeitsaspekte bei allen Entscheidungen und in ihrem Handeln einbeziehen.

Straßenbau

Neue Autobahnanschlussstelle könnte unwirtschaftlich sein und die Verkehrssicherheit gefährden (Nr. 27)
Die Wirtschaftlichkeit und die Verkehrssicherheit einer neuen Anschlussstelle an der A 7 bei Hildesheim betrachtete das BMVI nicht. Die Anschlussstelle will das BMVI in unmittelbarer Nähe zu einer bereits vorhandenen Anschlussstelle bauen, um einen neuen Gewerbepark an die Autobahn anzubinden. Die beiden Anschlussstellen lägen nur 1,9 km voneinander entfernt. Derart geringe Abstände zwischen Anschlussstellen beeinträchtigen aber die Verkehrssicherheit. Für die Wirtschaftlichkeit des Neubaus fehlt zudem der Nachweis. Den zusätzlichen Verkehr des Gewerbeparks könnte die bestehende Anschlussstelle aufnehmen, wenn sie ausgebaut würde. Deswegen muss das BMVI in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die beiden Varianten Neubau und Ausbau vergleichen und dabei auch die Verkehrssicherheit berücksichtigen.

Unnötige Sperranlage an Unterführung für über 2,8 Mio. Euro (Nr. 25)
Eine geplante, über 2,8 Mio. Euro teure Sperranlage an einer Autobahnunterführung in Bayern ist nicht notwendig. Das BMVI plant diese Sperranlage, um bei einer drohenden Überflutung das Durchfahren mit Fahrzeugen zu verhindern. Dabei wird die Unterführung mit einer besonders leistungsstarken Pumpenanlage ausgerüstet. Die Pumpen können sie auch bei außergewöhnlichem Starkregen entwässern, der statistisch alle 100 Jahre einmal auftritt. Zusätzlich wird die Unterführung mit einer Notstromversorgung und einem Meldesystem ausgerüstet. Das BMVI hält die zusätzliche Sperranlage für den Fall für notwendig, dass die Pumpen dennoch versagen. Aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit, dass es derartig stark regnet und gleichzeitig die Pumpen ausfallen, fordert der Bundesrechnungshof das BMVI auf, die Sperranlage nicht zu bauen.

Ordnungsgemäße Wirtschaftlichkeitsuntersuchung fehlt regelmäßig (Nr. 26)
Bei der Planung eines Straßentunnels für 28 Mio. Euro traf das BMVI wesentliche Entscheidungen ohne korrekte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Es missachtete damit zum wiederholten Mal grundlegende haushaltsrechtliche Bestimmungen. Eine Bundestraße soll bei Landshut eine Bahnlinie und eine Landesstraße unterführen. Dazu war zunächst eine offene Unterführung (Trog) und dann ein Tunnel geplant. Bei beiden Varianten hat das BMVI keine richtige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt und so gegen Haushaltsrecht verstoßen. Dieser Verstoß reiht sich in wiederholte Feststellungen des Bundesrechnungshofes ein, dass beim Straßenbau Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlen oder gravierende Mängel aufweisen. Das ist bedenklich. Der Bundesrechnungshof fordert das BMVI auf, Entscheidungen über den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen stets mit ordnungsgemäßen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu unterlegen.

Steuern

Steuerklassenwahl für Verheiratete: Faktorverfahren abschaffen (Nr. 31)
Das sogenannte Faktorverfahren bei der Steuerklassenkombination IV/IV für Verheiratete ist weder wirksam noch wirtschaftlich. Es verfehlt die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele zur Förderung der Gleichstellung. Eigentlich sollte das Faktorverfahren geringer Verdienende ermuntern, eine sozialversicherungspflichtige (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Das betrifft in der Praxis überwiegend Ehefrauen. Allerdings wird das Verfahren kaum genutzt. Nur 0,6 % der Berechtigten machen davon Gebrauch – trotz reichlich Werbung. Sie sind dann aber meistens schon sozialversicherungspflichtig tätig. Zudem ist das Faktorverfahren lohnsteuerlich häufig unvorteilhaft und für die Finanzverwaltung, für die Verheirateten und ihre Arbeitgeber aufwendig. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, es abzuschaffen und die Ziele anders zu erreichen.

Bundeswehr

Nachträgliche Prämien für Weiterverpflichtungen unzulässig und wirkungslos (Nr. 29)
Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) kann finanzielle Anreize in Form von Prämien zahlen, um Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen oder länger zu verpflichten. In 293 Fällen gewährte es Prämien von insgesamt 3,7 Mio. Euro nachträglich und zu Unrecht. Als Anreiz sind sie nur für Aufgabenbereiche mit Personalmangel vorgesehen. In dem betroffenen Aufgabenbereich hatte das BMVg aber gar keinen Personalmangel festgestellt. Außerdem hatten sich die Soldatinnen und Soldaten bereits zu einem längeren Dienst in der Bundeswehr verpflichtet. Als nachträgliche Zahlungen laufen die Prämien aber ins Leere. Zukünftig darf das BMVg solche Prämien nur zahlen, nachdem es den Personalmangel in einem Aufgabenbereich eindeutig festgestellt hat. Die Prämien dürfen nur gewährt werden, wenn sich die Empfänger vorher noch nicht weiter an die Bundeswehr gebunden haben; nur so können finanzielle Anreize überhaupt wirken.

Weiterhin keine zentrale und sichere Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Bundeswehrkrankenhäusern (Nr. 28)
Das BMVg genehmigte 17 Mio. Euro für ein Digitalisierungsprojekt ohne klare Bedarfsanalysen und zuverlässige Planungen. Mit dem Projekt will das BMVg in den Bundeswehrkrankenhäusern Gesundheitsdaten zentral speichern, um die Informationssicherheit, die Betriebsabläufe sowie die Möglichkeiten zur Datenanalyse zu verbessern. Dazu will die Bundeswehr die bislang dezentral – beispielsweise im IT-Anteil der Medizingeräte – gespeicherten Gesundheitsdaten in Speichernetzwerken zusammenführen. Allerdings ist die vollständige Daten- und Anwendungsmigration bis heute nicht gelungen. Die Bundeswehr schaffte es nicht, die bereits 2017 bereitgestellten modernen Speichernetzwerke wie vorgesehen einzusetzen. Vielmehr rechnet das BMVg mit Verzögerungen von mindestens zwei Jahren. Das BMVg verfehlt damit nicht nur seine Ziele, sondern auch den erwarteten Mehrwert. Das BMVg muss kurzfristig die Voraussetzungen für die Daten- und Anwendungsmigration schaffen, um dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen.

Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

BImA-Projekt: Ziele verfehlt und Kosten verdreifacht (Nr. 30)
Das Projekt „Elektronische Rechnungsbearbeitung“ der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) weist erhebliche Defizite auf. Das Projekt kostete mit 3,2 Mio. Euro dreimal so viel wie geplant und verzögerte sich um mindestens drei Jahre. Durch eine Rechtsänderung wurde ein wesentlicher Bestandteil des Projektes obsolet. Ursprünglich wollte die BImA mit dem Projekt Papierrechnungen scannen lassen und diese elektronisch weiterbearbeiten. Dies sollte Zeit und Kosten sparen. Allerdings hatte das Europäische Parlament bereits 2014 beschlossen, dass bei öffentlichen Aufträgen Rechnungen bis auf wenige Ausnahmen nur noch elektronisch gestellt werden dürfen. Spätestens mit dem nationalen E-Rechnungs-Gesetz 2016 war zu erkennen, dass das Scannen weitestgehend überflüssig wird. Die BImA erkannte dies aber erst Jahre später. Es gelang ihr zudem nicht, eine erwartete Kostenersparnis von jährlich 1,5 Mio. Euro nachzuweisen. Die BImA muss Projekte realistisch planen. Auf Rechtsänderungen muss sie achten und erforderlichenfalls unverzüglich nachsteuern.

Hochbau

Museumsneubau: 10,3 Mio. Euro zu viel veranschlagt (Nr. 23)
Für den Bau des Museums der Moderne am Berliner Kulturforum akzeptiert das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine pauschale Risikovorsorge von gut 10 Mio. Euro. Damit verstößt es gegen Haushaltsrecht: Die Berücksichtigung einer pauschalen Risikovorsorge im Bundeshaushalt widerspricht dem Fälligkeitsprinzip. Mittel für Risiken dürfen nur veranschlagt werden, wenn sie projektspezifisch und nicht pauschal hergeleitet sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden. Diesen Grundsatz hat das BMF missachtet. Beim Museumsneubau sollten gut 10 Mio. Euro Risiken pauschal abdecken. Diesem Betrag sind keine konkreten Risiken zugeordnet. In der Folge stellt der Bundeshaushalt die Kosten für den Museumsbau zu hoch und nicht transparent dar. Das kann Fehlanreize schaffen, die vorhandenen Mittel auszuschöpfen, selbst wenn sie nicht benötigt werden. Der Bundestag vertraute darauf, dass das BMF das Fälligkeitsprinzip einhält. Das BMF muss den Haushaltsansatz für den Museumsneubau um gut 10 Mio. Euro auf 354 Mio. Euro kürzen und künftig das Fälligkeitsprinzip konsequent beachten.

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