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Staatliche Handlungsfähigkeit nach der Pandemie zurückgewinnen

Explodierende Schulden zwingen zu konkreten fiskalischen Maßnahmen und strukturellen Reformen

Ausgabejahr 2021
Datum 08.04.2021

Pressemitteilung zur Information des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung für den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

„Die Bundesfinanzen sind weiter im Klammergriff der Corona-Pandemie. Die gewaltige Schulden-Lawine verhindert ein Herauswachsen aus dem Defizit. Die Zinsen können nicht weiter fallen und eine Rückkehr zu stetig steigenden Steuereinnahmen wie vor der Krise ist derzeit nicht realistisch zu erwarten“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, als Bundesbeauftragter für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zur Lage der Bundesfinanzen. „Jetzt rächt sich das Ausbleiben notwendiger Reformen in den Jahren nach der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Die vorhandenen Spielräume wurden nicht ausreichend für zukunftsrelevante Schwerpunkte genutzt. Heute stehen sie nicht mehr zur Verfügung.“

Der Eckwertebeschluss der Bundesregierung legt schonungslos offen, auf welch tönernen Füßen der Bundeshaushalt steht – ausgelöst durch die Corona-Pandemie. Die haushaltspolitischen Beschlüsse der Bundesregierung in der Krise sind von geringer Haltbarkeit. Ein Nachtrag jagt den nächsten. „Staatliche Mittel stehen aber nicht unbegrenzt zur Verfügung und auch nicht für jeden Zweck“, so Scheller. „Ohne strukturelle Reformen wird es nicht gelingen, die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie zu beheben.“

Die besorgniserregende Finanzlage zeigt sich vor allem bei der Verschuldung des Bundes. Von 2020 bis 2022 explodieren die Kredite von Null auf über 450 Mrd. Euro. Das ist fast die Hälfte der Staatsschulden, die der Bund in den 70 Jahren davor angehäuft hat. In drei Haushaltsjahren nimmt der Bund mehr neue Kredite auf als in den letzten 20 Jahren zuvor. Seit Beginn der Pandemie agiert die Bundesregierung nach dem Grundsatz „Viel hilft viel“. „Sie muss jetzt alles dafür tun, dass die bereitgestellten Corona‑Hilfen tatsächlich und zielgenau ankommen und wirken. Das ist die beste Medizin gegen immer höheren Kreditbedarf“, sagte Scheller.

In der neuen Finanzplanung tun sich für 2023 bis 2025 erhebliche Lücken auf: rund 86 Mrd. Euro. Die immer noch vorhandene allgemeine Rücklage von 48 Mrd. Euro deckt dies nur zur Hälfte ab. Absehbare Finanzbedarfe z. B. bei Verteidigung oder der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sind gar nicht berücksichtigt. Das verschiebt die finanzwirtschaftlichen Folgen der Pandemie weiter in die Zukunft. Mit dem Eckwertebeschluss hinterlässt die Bundesregierung ihrer Nachfolgerin Lasten mit vielen Fragezeichen.

Der Bundesrechnungshof empfiehlt daher, sich zurückzubesinnen auf eine solide geplante und finanziell nachhaltige Haushaltspolitik. Es gilt, den Bundeshaushalt auf mittelfristige Sicht zu stabilisieren. Denn die finanzwirtschaftlichen Lasten und Herausforderungen sind gewaltig: die Alterung der Gesellschaft, zukunftsrelevante Aufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung, die Modernisierung der Infrastruktur und die europäischen Verpflichtungen. „Viele der strukturellen Probleme stammen bereits aus der Zeit vor der Pandemie“, sagte Scheller.

Eine Herkulesaufgabe für eine neue Bundesregierung. Die Lage ist mehr als schwierig. Der Bundeshaushalt ist in einer deutlich schlechteren Verfassung als nach der Finanz- und Wirtschaftskrise – trotz der im Vergleich derzeit noch niedrigeren Schuldenquote. Ein Herauswachsen aus Krise und Verschuldung allein durch Wachstum ist unrealistisch. Anders als 2010 sind die Zinsen schon ganz unten. Hier kann der Bund keinen Handlungsspielraum mehr gewinnen. Das gilt auch für den Arbeitsmarkt, der bis zur Pandemie gut verlaufen ist. Mit einem schnellen und stetigen Zuwachs der Steuereinnahmen kann der Bund ebenso wenig rechnen. Zudem ist die Wirtschaft viel breiter getroffen als damals.

Die Bundesregierung muss daher proaktiv handeln und den Haushalt entschlossen stabilisieren sowie nachhaltig konsolidieren: u. a. durch die kritische Überprüfung steuerlicher Subventionen und Vergünstigungen, eine bessere Ausrichtung der Sozialtransfers, ein haushaltspolitisches Priorisieren – also ein Ausgabenmoratorium, das Konzentrieren des Bundes auf seine Aufgaben sowie durch das Sichern der Steuereinnahmen, wie durch die wirksame Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug.

Trotz oder besser wegen dieser schwierigen fiskalischen Lage muss die Schuldenbremse uneingeschränkt bestehen bleiben. Sie schützt Handlungsspielräume und ist urdemokratisch, weil kommende Generationen selbstbestimmt haushalten und künftige Parlamente ihre Entscheidungshoheit und -freiheit behalten sollen. Ein Abschaffen oder eine Aufweichung hin zu einem zahnlosen Tiger kämen einer finanzpolitischen Kapitulation gleich und würde auf lange Sicht die Tragfähigkeit der Bundesfinanzen gefährden. Die Schuldenbremse übt eine positive Signalwirkung auf die Finanzmärkte aus. Deutschland bleibt weiterhin der Stabilitätsanker im Euroraum und kann sich deshalb äußerst günstig refinanzieren. Eine Abkehr könnte zu schlechteren Finanzierungsbedingungen führen und den finanziellen Spielraum noch weiter einengen.

Als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, am 8. April 2021 dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages eine Informationsunterlage zur Lage der Bundesfinanzen übersandt. Grundlage für diese Analyse bildet der Beschluss der Bundesregierung vom 24. März 2021 zum Entwurf eines Nachtragshaushalts 2021 sowie zu den Eckwerten für den Haushaltsentwurf 2022 und für die Finanzplanung bis 2025 (Eckwertebeschluss).

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