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Digitalisierung, Klimaschutz, Rente, IT-Sicherheit, Bundeswehr, Verkehr, Steuern

Ausgabejahr 2022
Datum 06.12.2022

Pressemitteilung zum Hauptband der Bemerkungen 2022

Der Bundesrechnungshof hat dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung seine Bemerkungen 2022 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zugeleitet. Darin greift der Bundesrechnungshof Fälle auf, die für die Entlastung der Bundesregierung durch das Parlament von Bedeutung sind. Der aktuelle Band enthält Beispiele, in denen die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes nicht zielgerichtet, ineffizient und wirkungsschwach war.

„Die finanziellen Handlungsspielräume des Bundes schrumpfen immer weiter. Es kommt künftig mehr denn je darauf an, dass der Bund mit seinem Geld ordentlich haushaltet“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller. „Das gelingt nur mit besseren, moderneren staatlichen Strukturen und Prozessen. Unsere Erkenntnisse bieten Ansätze dafür.“

Drei kurz aufeinanderfolgende Krisen (Corona-Pandemie, russischer Angriff auf die Ukraine, Unsicherheiten bei der Energieversorgung) sind ein Stresstest für den Bundeshaushalt. Sie treffen auf ohnehin ausgeprägte finanzwirtschaftliche Herausforderungen, wie die demografische Veränderung, die Bekämpfung des Klimawandels und die Modernisierung der Infrastruktur. Zusammen gefährdet das die langfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen. In den Jahren 2020 bis 2022 hat der Bundestag dreimal unter Erklärung außergewöhnlicher Notsituationen die Schuldenregel ausgesetzt. Vor der Pandemie hatte der Bund in 70 Jahren eine Verschuldung von rund 1,3 Billionen Euro angehäuft. Infolge der Notlagen der letzten drei Jahre wird sich der Schuldenstand um etwa 800 Mrd. Euro erheblich erhöhen. In absehbarer Zeit wird also ein Wert von 2 Billionen Euro überschritten werden. 2021 zahlte der Bund knapp 4 Mrd. Euro Zinsen; für 2023 sind jetzt über 40 Mrd. Euro eingeplant. Auch durch viele weitere bereits eingegangene Verpflichtungen versteinert der Bundeshaushalt immer mehr. Der fiskalische Spielraum und die Gestaltungsmöglichkeiten für zentrale Projekte künftiger Parlamente und Regierungen schwinden.

In den Bemerkungen benennt der Bundesrechnungshof systemische Schwachstellen, die der Bund beseitigen muss und Einzelfälle, bei denen er Haushaltsmittel zielgerichteter, effizienter und wirksamer einsetzen sollte. Für die Einnahmeseite zeigt der Bundesrechnungshof auf, wo der Bund Mittel, die ihm zustehen, einziehen sollte.

Der Hauptband der Bemerkungen 2022 umfasst 20 Prüfungsergebnisse, die in den kommenden Monaten vom Bundestag beraten werden. Eine Auswahl der aktuellen Bemerkungen im Überblick:

Digitalisierung

Keine Verlosung von Fördermöglichkeiten zur Digitalisierung von Unternehmen (Nr. 6)

Bei dem 500 Mio. Euro-Programm „Digital jetzt“ verlost das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) Förderungen zur Digitalisierung von Unternehmen, statt sie anhand sinnvoller Kriterien auszurichten. Die Unternehmen bestimmt das BMWK damit nach dem Zufallsprinzip. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen und die Rentabilität der Investition spielen bei den Förderentscheidungen praktisch keine Rolle. Der Bundesrechnungshof nimmt hohe Mitnahmeeffekte an. Denn es gingen so viele Anträge ein, dass das BMWK die Verlosung einführte. Eine Verlosung kann dazu führen, dass Unternehmen Investitionen verschieben, weil sie auf einen positiven Losentscheid warten. Das würde Digitalisierungsmaßnahmen verzögern statt beschleunigen. Der Bundesrechnungshof geht daher davon aus, dass das BMWK die 500 Mio. Euro Fördergelder wegen der hohen Mitnahmeeffekte weitgehend wirkungslos ausgibt. Es muss das Losverfahren unverzüglich beenden und die Zielgenauigkeit verbessern.
Das Programm „Digital jetzt“ fördert Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen in digitale Technologien und die Qualifizierung ihrer Beschäftigten.

Klimaschutz

Waldklimafonds: Fördermittel wirksam einsetzen (Nr. 18)

Seit neun Jahren fördert der Bund mit 88 Mio. Euro aus dem Waldklimafonds Projekte, die zum größten Teil keine nachweisbare Verbesserung für Wald und Klima haben. Das liegt an fehlenden messbaren Zielen und falschen Schwerpunkten. Nur 16 % der Fördergelder dienten unmittelbar der Anpassung der Wälder an den Klimawandel, der CO2-Minderung oder der Erhöhung der CO2-Bindung. Die übrigen 84 % entfielen auf reine Unterstützungsleistungen (Information und Kommunikation, Forschung und Monitoring). Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und Bundesumweltministerium (BMUV) haben auch versäumt, messbare operative Ziele festzulegen. Den Erfolg der Subventionen, z. B. eine CO2-Minderung, können sie daher nicht beurteilen.
BMEL und BMUV müssen das Programm überarbeiten und sich auf die Schwerpunkte fokussieren, die unmittelbar auf eine Anpassung der Wälder abzielen. Dazu braucht der Waldklimafonds messbare operative Ziele, die eine Erfolgskontrolle erlauben.

Rente

Handwerkliche Mängel bei Einführung der Grundrente: hohe Bürokratiekosten (Nr. 7)

Die unbürokratische Umsetzung der Grundrente hält der Bundesrechnungshof verwaltungsseitig für gescheitert. Ihre Einführung ist für die Deutsche Rentenversicherung ein organisatorischer Kraftakt mit immensen Verwaltungskosten. Schon im Gesetzgebungsverfahren hatten Fachleute vor überbordender Bürokratie und hohen Verwaltungskosten gewarnt. Eine überschlägige Bestandsaufnahme bestätigt dieses Bild: Den 1,3 Mrd. Euro für Leistungen stehen im ersten Jahr fast 0,4 Mrd. Euro Verwaltungskosten gegenüber. Das entspricht einem Verwaltungskostenanteil von 31 %, obwohl die Deutsche Rentenversicherung normalerweise mit 1,3 % auskommt. Für die Folgejahre rechnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) immer noch mit jährlich 0,2 Mrd. Euro bzw. 15 %. Leider fehlen auch eineinhalb Jahre nach Einführung der Grundrente belastbare und aussagekräftige Daten zu den Verwaltungskosten, ebenso wie zur Anzahl der Anspruchsberechtigten, zur durchschnittlichen Höhe und zu den Leistungsausgaben der Grundrente insgesamt. Hier muss das BMAS dringend nachsteuern und bei der Evaluierung des Grundrentengesetzes vor allem die hohen Verwaltungskosten in den Blick nehmen.

IT-Sicherheit

Verstoß von Bundesbehörden gegen Geheimschutzvorgaben gefährdet Sicherheit sensibler Daten (Nr. 3)

Viele Bundesbehörden haben ihre internen Behördennetze nicht ausreichend abgesichert. So missachten sie wesentliche Pflichten, die sie erfüllen müssen, wenn sie sensible, geheimhaltungsbedürftige Daten (Verschlusssachen) verarbeiten. Da die Behörden an die „Netze des Bundes“ angebunden sind, gefährden sie die Vertraulichkeit von Verschlusssachen und die Sicherheit aller an den „Netzen des Bundes“ teilnehmenden Bundesbehörden. Für die Sicherheit der „Netze des Bundes“ ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zuständig. Dort war bekannt, dass die Mehrzahl der Behördennetze nicht für die Verarbeitung von Verschlusssachen freigegeben ist. Das Bundesinnenministerium sollte dringend auf alle Bundesbehörden einwirken, dass diese ihre Behördennetze endlich absichern und für die Verarbeitung von Verschlusssachen freigeben. Das BSI muss künftig zeitnah reagieren, wenn Bundesbehörden ihren Verpflichtungen im Geheimschutz nicht nachkommen.

Bundeswehr

Konjunkturpaket zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie: BMVg zweckentfremdet 154 von 200 Mio. Euro (Nr. 13)

Anstatt Investitionen vorzuziehen und damit kurzfristige konjunkturelle Impulse zu setzen, zahlte das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket Mieten, Pachten und die Bewachung von Liegenschaften. Mit dem Geld wollte der Bund eigentlich die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bewältigen. Auf die vom BMVg gemeldeten 15 Vorhaben entfiel ein Investitionsvolumen von 3,2 Mrd. Euro. Der Bundesrechnungshof prüfte die Mittelverwendung bei zwei dieser Vorhaben. Von den 200 Mio. Euro für „Energetische Sanierung Liegenschaften“ und „Digitale Bestandserfassung Liegenschaften“ gab das BMVg drei Viertel zweckwidrig für Mieten, Pachten und Bewachung aus und verfehlte so größtenteils das Ziel des Konjunkturpaketes. Konjunkturelle Impulse setzte es mit diesen Ausgaben nicht. Damit missachtete es den Willen des Gesetzgebers.

Bundeswehr beendet erfolglose Entwicklung einer Kommunikationsboje für U-Boote erst nach 19 Jahren (Nr. 14)

Trotz unzureichender Entwicklungsfortschritte der Industrie hielt die Bundeswehr über fast zwei Jahrzehnte an dem Vorhaben einer Kommunikationsboje für U-Boote fest, obwohl ein vorzeitiger Ausstieg vertraglich möglich gewesen wäre. Die an der Wasseroberfläche schwimmende Kommunikationsboje sollte tiefgetauchten U-Booten ermöglichen, ihre Anwesenheit zu verbergen und trotzdem zu funken. Inzwischen ist das Konzept überholt, da U-Boote auch im Bojenbetrieb durch neue Ortungsmethoden leicht entdeckt werden können. Der zu späte Abbruch des Projekts ist nun mit unnötigen Mehrausgaben verbunden. Das Vorhaben steht exemplarisch für Rüstungsvorhaben der Bundeswehr, in denen eine jahrelange Entwicklung zu unbefriedigenden Ergebnissen mit vermeidbaren Ausgaben führt.

Verkehr

Verzögerte Gebührenerhebung bei Eisenbahnen: Einnahmen in Millionenhöhe entgingen (Nr. 11)

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat über Jahre keine rechtliche Grundlage geschaffen, um Aufsichtsgebühren von Eisenbahnunternehmen zu erheben. Die Kosten dieser Aufgabe musste der Steuerzahler tragen und nicht die Eisenbahnen als Veranlasser.

Seit 2013 ist das Eisenbahn-Bundesamt für die Überwachung des Sicherheitsmanagements der Eisenbahnen zuständig. Für diese Leistung erhob es keine Gebühren, da das BMDV trotz Aufforderung des Bundesrechnungshofes keine Rechtsgrundlage dafür geschaffen hatte. Dabei ist die Verwaltung verpflichtet, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Erst im Juli 2022 schuf das BMDV die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung. Dem Bund sind dadurch mögliche Einnahmen in Millionenhöhe entgangen. Das BMDV muss künftig Haushalts- und Gebührenrecht beachten und rechtzeitig die notwendigen rechtlichen Grundlagen für die Erhebung kostendeckender Gebühren schaffen.

Europa

Haftungsrisiken des Bundeshaushalts aus Darlehen und Garantien der EU im Blick haben (Nr. 2)

Die Bundesregierung hat versäumt, die Haftungsrisiken zu ermitteln, die aus Darlehen und Garantien der EU erwachsen. Daher kann sie für diese Risiken nicht vorsorgen und das Parlament nicht sachgerecht unterrichten. Die EU weitet ihre Kreditaufnahme über Anleihen und Garantien seit Jahren aus – auf inzwischen mehr als 365 Mrd. Euro. Mit steigender Tendenz, denn 2023 können es schon 585 Mrd. Euro sein. Für Zahlungsausfälle haftet die EU über ihren Haushalt. Reicht das nicht aus, müssen die Mitgliedstaaten zusätzliche Beiträge leisten. Auf Deutschland kämen bei einem Totalausfall über mehrere Jahre verteilt bis zu 140 Mrd. Euro zu. Der Bundesrechnungshof erwartet daher, dass die Bundesregierung systematisch im Blick behält, ob und inwieweit EU-Verbindlichkeiten auf den Bundeshaushalt durchschlagen können. Ziel muss sein, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, um gegensteuern zu können.

Steuern

Überholte Vergünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer – Bund verzichtet auf mehr als 1 Mrd. Euro Steuereinnahmen (Nr. 19)

Das Bundesfinanzministerium (BMF) weigert sich, den Abbau von nachweislich ineffizienten oder überholten Steuervergünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer in Angriff zu nehmen. Das führt zu jährlichen Mindereinnahmen von über 1 Mrd. Euro.

Steuerliche Vergünstigungen für bestimmte Fahrzeuge und Fahrzeugnutzungen gibt es bereits seit der Einführung der Kraftfahrzeugsteuer im Jahr 1922. Über die Jahre kamen weitere Vergünstigungen hinzu. Aktuell gelten sie für 10 % aller Fahrzeuge. Eine BMF-Arbeitsgruppe stellte bereits 2009 fest, dass mehrere Vergünstigungen missbrauchsanfällig und nicht kontrollierbar sind. Teilweise war das ursprüngliche gesetzgeberische Ziel längst erreicht. Ein vom BMF 2017 beauftragtes Gutachten bestätigte dieses Ergebnis und wies zudem auf die fehlende Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit der Regelungen hin. Trotz der eindeutigen Ergebnisse des Gutachtens hat das BMF bisher keine Initiative zum Abbau von Steuervergünstigungen ergriffen. Das widerspricht auch dem Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 der Bundesregierung, nach dem Steuervergünstigungen mit umwelt- und klimaschädlichen Nebenwirkungen zu überprüfen sind. Das BMF muss die Initiative ergreifen, um überholte und nicht mehr zielführende Regelungen abzubauen und Dauerförderungen zu beenden.

Steuerdatenaustausch: Verstöße der Finanzinstitute gegen Meldepflichten wirksam und einheitlich ahnden (Nr. 5)

Meldepflichtverstöße inländischer Finanzinstitute ahndet der Bund nicht mit einem einheitlichen Bußgeldrahmen. Deutschland tauscht mit seinen Partnerstaaten auf der Grundlage des Common Reporting Standard (CRS) und des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) Informationen über jährlich mehrere Millionen Finanzkonten und daraus erzielte Erträge aus. Bei fehlerhaften, unvollständigen oder verspäteten Meldungen können im Verfahren CRS Bußgelder von bis zu 50 000 Euro und für einen vergleichbaren Verstoß im Verfahren FATCA von bis zu 5 000 Euro verhängt werden. Die Bußgeldrahmen unterscheiden sich also um das Zehnfache. Außerdem erscheint der Bußgeldrahmen im Verfahren FATCA zu gering, um eine präventive Wirkung zu entfalten. Der Bundesrechnungshof hat das BMF wiederholt auf die erforderliche Angleichung der Bußgeldrahmen hingewiesen. Entgegen seiner Zusage setzte das BMF dies bislang aber nicht um.

Kultur

46 Mio. Euro für den Neubau eines Museumsschiffs: Bundesinteresse fehlt (Nr. 4)

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) will 46 Mio. Euro für den Nachbau des historischen Stahlseglers „Najade“ als Museumsschiff in Bremerhaven ausgeben, obwohl der Neubau kein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung ist. Weil es bereits vergleichbare Museumsschiffe in der Region gibt, fehlen die Finanzierungskompetenz des Bundes und das erhebliche Bundesinteresse. Das maritime Kulturerbe wird in Bremerhaven schon durch das Segelschulschiff „Deutschland“ repräsentiert. Darüber hinaus restauriert die BKM mit der „Peking“ bereits einen Stahlsegler für das Hafenmuseum in Hamburg. Der Bundesrechnungshof empfiehlt dringend, den Bau der „Najade“ unverzüglich zu stoppen und aufzugeben. Bau- und Folgekosten wären auch mit erheblichen finanziellen Risiken behaftet.

Mehr zu den Bemerkungen 2022 lesen Sie hier.

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