Lückenhafte Aufsicht und Kontrolle bei der Europäischen Investitionsbank
Ausgabejahr
2024
Datum
19.06.2024
Pressemitteilung zum Sonderbericht zur Wahrnehmung der Aufgaben durch die Bundesregierung im Hinblick auf die Beteiligung des Bundes an der Europäischen Investitionsbank
Risiken für den Bund stärker in den Blick nehmen – Transparenz und Rechenschaft erhöhen
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist weder einer externen Bankenaufsicht unterstellt, noch kontrolliert eine unabhängige externe Finanzkontrolle den wesentlichen Teil ihrer Aktivitäten. Ihr Haftungskapital stammt aus den Haushalten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). „Mit der Verwendung öffentlicher Mittel ist eine besondere Verantwortung verbunden. Der Aufsichts- und Kontrollrahmen der EIB ist mit Blick auf die Haftungsrisiken Deutschlands und die EU-Bankenstandards aber nicht ausreichend. Die Bundesregierung sollte darauf hinwirken, dies zu ändern“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller. „Das würde die Schutzmechanismen bei der EIB verbessern und die Haftungsrisiken für die EU-Mitgliedstaaten reduzieren. Und es erhöht die Transparenz und fördert die Rechenschaft gegenüber den nationalen Parlamenten.“ Anlass ist die Zuleitung eines Sonderberichts über die Beteiligung des Bundes an der EIB. Der Bundesrechnungshof hatte geprüft, wie die Bundesregierung ihre Aufgaben in diesem Zusammenhang wahrnimmt.
Deutschland mit 46,7 Mrd. Euro an EIB beteiligt
Als Förderbank der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) fördert die EIB Investitionen, indem sie Darlehen und Garantien zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellt. Die EIB ist die größte multilaterale Förderbank der Welt mit einer Bilanzsumme von mehr als 500 Mrd. Euro. Das gezeichnete Kapital aus den Haushalten der EU-Mitgliedstaaten beträgt derzeit 248,8 Mrd. Euro. Auf Deutschland entfallen hiervon 46,7 Mrd. Euro. Der Betrag hat sich in den letzten drei Jahrzehnten fast verneunfacht. Hinzu kommen Finanzmittel, die die EIB aus dem EU-Haushalt erhält. „Das birgt ein erhebliches Haftungsrisiko. Denn erleidet die EIB Verluste, die sie nicht selbst tragen kann, müssen die EU-Mitgliedstaaten Kapital nachschießen, das sie aus ihren jeweiligen nationalen Haushalten finanzieren“, so Scheller.
Geringes Schutzniveau durch fehlende Bankenaufsicht
Geschäftsbanken der Größenordnung der EIB unterstehen in der EU der europäischen Bankenregulierung. Diese legt fest, dass Banken in der EU bei ihren Geschäften und Dienstleistungen bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, insbesondere zum Risikomanagement. Eine unabhängige externe Aufsicht soll sicherstellen, dass Banken diese Vorgaben einhalten und über wirksame Schutzmaßnahmen verfügen. Die EIB untersteht keiner unabhängigen externen Bankenaufsicht. Stattdessen beaufsichtigt sie sich selbst in einem internen Verfahren. Damit bleibt sie weit hinter den EU-Bankenstandards zurück.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die EU-Mitgliedstaaten bei der EIB ein geringeres Schutzniveau akzeptieren sollten als Anteilseigner anderer Banken in der EU. Daher empfiehlt der Bundesrechnungshof, unverzüglich eine unabhängige externe Bankenaufsicht für die EIB einzuführen. Dafür sollte sich die Bundesregierung als Anteilseigner einsetzen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass Risiken in den Strukturen und in den Geschäften der EIB nicht frühzeitig erkannt und reduziert werden. Denn dem internen Überprüfungs- und Bewertungsprozess der EIB fehlt es nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes an Unabhängigkeit, ausreichenden autonomen Kompetenzen, Einheitlichkeit und Durchsetzungskraft.
Scheller betont: „Die Aufsicht über die EIB sollte gestärkt werden. Der Aufsichtsrahmen ist unvollständig: Das Schutzniveau ist – gemessen an den gestiegenen Haftungsrisiken für den Bundeshaushalt – zu gering. Darüber hinaus können aber auch große gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Schäden durch Finanzmarktkrisen entstehen, wenn Banken eingegangene Risiken nicht mehr beherrschen. Umso wichtiger ist eine unabhängige externe Aufsicht, die ein effizientes und professionelles Risikomanagement sicherstellt. Die Bundesregierung sollte sich daher dafür einsetzen, dass der einheitliche europäische Bankenaufsichtsmechanismus die EIB beaufsichtigt.“
Die unabhängige externe Finanzkontrolle ausbauen – Prüfungslücke schließen
Eine unabhängige externe Finanzkontrolle prüft, ob öffentliche Gelder wirtschaftlich und ordnungsgemäß eingesetzt werden. Sie trägt dazu bei, gegenüber Parlament und Öffentlichkeit Transparenz zu schaffen und über die Haushaltsführung Rechenschaft abzulegen. Die EIB unterliegt für den wesentlichen Teil ihres Geschäfts jedoch keiner unabhängigen externen Finanzkontrolle. Das sind vor allem die Förderaktivitäten, welche die EIB auf Basis ihres gezeichneten Kapitals und auf eigenes Risiko durchführt Es ist aber unklar, wie groß dieses mitgliedstaatlich finanzierte Geschäftsvolumen – und damit auch die Prüfungslücke – ist. Der Bundesrechnungshof schätzt, dass dies etwa drei Viertel der Finanzierungen der EIB betrifft, bei denen der Europäische Rechnungshof (EuRH) kein Prüfmandat hat. Der EuRH kann lediglich den Teil prüfen, der über den EU-Haushalt finanziert bzw. abgesichert ist. Ein komplementäres Prüfungsrecht für die mitgliedstaatlichen Institutionen der externen Finanzkontrolle, das diese Lücke schließen würde, gibt es derzeit nicht. Ein interner Prüfungsausschuss der EIB prüft lediglich die Ordnungsmäßigkeit, aber nicht die Wirksamkeit oder Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes. Er ist weder unabhängig, noch unterrichtet er die Parlamente der Mitgliedstaaten. „Geschätzt drei Viertel der Aktivitäten der EIB mit einem Finanzvolumen in Milliardenhöhe, das im Kern auf öffentlichen Mitteln basiert, ist einer wirksamen Kontrolle durch eine unabhängige Institution entzogen. Transparenz und Rechenschaft über die Verwendung dieser Mittel gegenüber Parlament und Öffentlichkeit ist nicht sichergestellt. Diese Prüfungslücke sollte schnellstmöglich geschlossen werden“, konstatiert Scheller. „Die Bundesregierung sollte sich – gemeinsam mit den übrigen Anteilseignern – dafür einsetzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen werden.“
Deutschen Bundestag frühzeitig und umfassend einbinden
Darüber hinaus muss die Bundesregierung den Deutschen Bundestag bei maßgeblichen Entwicklungen der EIB angemessen einbinden. Sie ist verfassungsrechtlich verpflichtet, den Deutschen Bundestag in EU-Angelegenheiten frühzeitig und umfassend zu unterrichten.
Hintergrund: Zusammen mit dem Rechnungshof Österreich hat der Bundesrechnungshof die Wahrnehmung der Aufgaben der jeweiligen Regierungen bei der EIB parallel geprüft. Beide Rechnungshöfe haben strukturelle Mängel im Aufsichts- und Kontrollrahmen der EIB festgestellt und jeweils in einem nationalen Bericht sowie aggregiert in einem gemeinsamen Bericht festgehalten. Sie geben Empfehlungen, die darauf ausgerichtet sind, Transparenz und Rechenschaft zu erhöhen und die Risiken für die nationalen Haushalte zu reduzieren.
Mehr zu unseren Prüfungsfeststellungen und Empfehlungen lesen Sie hier in unserem Sonderbericht an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.
Den gemeinsamen Bericht mit dem Rechnungshof Österreich lesen Sie hier.
Den nationalen Bericht des Rechnungshofes Österreich lesen Sie hier.